Beschluss vom 12.02.2024 -
BVerwG 1 B 35.23ECLI:DE:BVerwG:2024:120224B1B35.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.02.2024 - 1 B 35.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:120224B1B35.23.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 35.23

  • VG Berlin - 21.01.2020 - AZ: VG 38 K 429.19 V
  • OVG Berlin-Brandenburg - 20.06.2023 - AZ: OVG 3 B 40/23

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Februar 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dollinger und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fenzl
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Juni 2023 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser auf sich behält.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

2 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung entscheidungserhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt und im Einzelnen aufzeigt, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der Frage zugrunde liegt, zu folgen ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Juni 2006 - 6 B 22.06 - NVwZ 2006, 1073 Rn. 4 f. und vom 10. August 2015 - 5 B 48.15 - juris Rn. 3 m. w. N.).

3 Danach rechtfertigt die von der Beschwerde aufgeworfene Frage zum
- Familiennachzug minderjähriger Geschwisterkinder im Rahmen des Nachzugs der Eltern zu minderjährigen Stammberechtigten -
nicht die Zulassung der Revision, da sie in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht weiterreichend geklärt werden könnte.

4 Das Oberverwaltungsgericht hat sich mit der Frage des ausnahmsweise aufgrund höherrangigen Rechts - Art. 6 GG, Art. 8 EMRK - oder des nach den §§ 22, 36 Abs. 2 AufenthG gebotenen Nachzugs minderjähriger Geschwisterkinder unter Abweichung von der Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats rechtsfehlerfrei auseinandergesetzt (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Juli 2013 - 1 C 15.12 - BVerwGE 147, 278 Rn. 12, vom 17. Dezember 2020 - 1 C 30.19 - BVerwGE 171, 103 Rn. 49 sowie vom 8. Dezember 2022 - 1 C 8.21 - Rn. 18 ff.). Die dagegen von der Beschwerde pauschal geführten Einwendungen zu den Fragen der Sicherung des Lebensunterhalts und der jeweiligen Verfahrensdauer betreffen den jeweils konkreten Einzelfall und damit die nicht revisible tatrichterliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts.

5 Die von der Beschwerde des Weiteren der Sache nach in Bezug genommene Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung sieht einen Geschwisternachzug gerade nicht vor (vgl. Art. 4 und 7 der Richtlinie). Deshalb stellt sich die Frage eines Vorlageverfahrens an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV mangels Zuständigkeit der Union von vornherein nicht.

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.